Hybrid-Anglizismen

Gängige Anglizismen werden hierzulande im alltäglichen Sprachgebrauch häufig mit deutschen Grammatikpartikeln bestückt, und so entstehen neue Wortschöpfungen, die ich Hybrid-Anglizismen nenne. Hat sich etwa jemand ‚geoutet‘, so ist das grammatische Bauprinzip: ge+out+et = geoutet. Oder hat mir jemand ‚gemailt‘, so ist das Bauprinzip: ge+mail+t = gemailt. Diese Hybrid-Anglizismen vermehren sich hierzulande in so rasanter Weise, dass wir sie kaum noch bewusst wahrnehmen. Es lohnt sich aber, mit der folgenden kleinen Beispielsammlung auf sie aufmerksam zu machen, vor allem auch, weil wir oft unsicher sind, wie man sie schreiben soll.

  • Im Netz wird gesurft, gemailt, getweetet, gepostet, gescypt und gegoogelt.
  • Im Sport wird gekickt, gesponsort, gepusht, gecoacht und leider auch gedopt.
  • In der Freizeit wird gegrillt, gechillt und relaxt. Dazu wird gebruncht, geluncht und gepicknickt, und es werden Longdrinks gemixt.
  • Für das Outfit wird gepierct, getunt, gemake-upt und gestylt.
  • Flugpassagiere werden gescannt, gecheckt und geboardet, während die Piloten gebrieft werden. Und defekte Flieger werden gegroundet. (Hopefully!)
  • Vor Gericht stehen Angeklagte, die gestalkt, gemobbt, gedealt oder gefakt haben. Zum Glück wird man dort aber nicht gelyncht.

Ich weiß bis hierher leider immer noch nicht, ob ich alle diese Hybrid-Anglizismen richtig geschrieben habe.

Zu dieser Kategorie gehören übrigens auch unzählige Komposita, bestehend aus je einem englischen und einem deutschen Wort (der Verdeutlichung halber mit Bindestrich geschrieben, bzw. getrennt), wie z.B.

Fan-Gemeinde, Mobbing-Opfer, Cowboy-Stiefel, Stalking-Vorwurf, Facebook-Nachricht, Hacker-Angriff, Soft-Eis, Team-Geist, Jeans-Verkäufer, hit-verdächtig, Twitter-Botschaft, Shuttlebus-Fahrt, Bypass-Operation, Standby-Schaltung, Soul-Sänger, Talkshow-Gäste, Song-Schreiber, Bodycam-Träger, Live-Musik, Thinktank-Sprecher, Job-Verlust, Match-Gewinn, Mainstream- oder Lobby-Politik, Image-Pflege, Prepaid-Karten, Fastfood-Preise, Carwash-Einfahrt, Kiss-and-Ride-Zone (Bahnhofsvorplatz), Hobby-Gärtner, Manager-Gehälter, Lowcost-Produkte, Outlet-Verkäufe, Online-Handel, Shopping-Tour, Sales-Beginn, Wellness-Tage, Brunch-Einladung (brunch = breakfast+lunch), Smog-Alarm (smog = smoke+fog) u.v.v.a.m.

Jetzt frage ich mich, ob sich das Feld der Hybrid-Anglizismen noch erweitern lässt, und wäre deshalb für Anregungen dankbar.

Helmut Reisener

7 Gedanken zu „Hybrid-Anglizismen

  1. Ach, wenn man einmal die Fernsehwerbung aufdreht, dann ergänzt sich diese Liste ganz von alleine – da werden Zähne gebleacht, Haaransätze refresht, Haare coloriert. Die dazu nötigen Produkte werden im Store oder online geshopt.
    Sosehr ich das alles kritisiere, so fallen für mich doch nicht alle angeführten Beispiele wirklich darunter: Facebook ist ein Eigenname, ebenso wie Google, Soul ist eine bestimmte Musikrichtung, also auch eine Art Eigenname, was auch für die Bezeichnung Cowboy gilt, der sich vom Gaucho oder dem Gardian (Großschreibung ist eigentlich auch schon eine Eindeutschung 🙂 ) in zahlreichen Merkmalen unterscheidet und wohl nur durch Karl May bekannter ist, als die anderen beiden.

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    • Besten Dank für Ihre herrlichen Zugaben aus der Fernsehwerbung!

      Auch Ihre Gedanken zu Eigennamen sind interessant – Begriffe wie ‚Twitter‘ oder ‚Swing‘ haben tatsächlich einen besonderen Stellenwert unter den (Hybrid-)Anglizismen.

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  2. Bei manchen Verben scheint mir ein e zu fehlen: nicht gescypt, sondern gescypet, nicht getunt, sondern getunet, nicht gestylt, sondern gestylet, nicht gefakt, sondern gefaket, auch wenn der Duden das anders sieht. Aber ohne das e sehen diese Wörter doch etwas seltsam aus. Und zum Glück gibt es hin und wieder eine Umkehr: Statt downloaden sagt man schon länger wieder herunterladen!

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  3. Zum Thema „Skype“: es müsste korrekt „skypen“ geschrieben werden (http://www.duden.de/rechtschreibung/skypen). Ich finde Ihre linguistische Initiative ansonsten sehr gut und engagiert! Was die Worte wie z.B. Google, Cowboy, Swing & Co. angeht, stimme ich Herrn Fritz Wilhelm zu. Hierbei handelt es sich um Eigennamen. Und gerade da ist das „skypen“ eine besondere Hybrid-Wortschöpfung. Unabhängig von der Marke wäre es durchaus denkbar, „per Videotelefonie zu kommunizieren“. Jedoch ist diese Alternative etwas zu lang für die modernen Menschen.

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    • Danke vielmals für Ihre Ergänzungen und für’s korrekte Verb ’skypen‘! Reizvoll dabei ist auch das (im Duden aufgeführte) Partizip ‚geskypt‘. Diese Form entspricht genau dem deutschen Sprachbauplan (Präfix ge- + Verbstamm ’skyp‘ + Endung -t wie bei ge-sonn-t).

      Fragt sich nur, wie verbreitet die anderen Varianten (geskypet, geskyped) im deutschen Sprachgebrauch sind. Das Partizip von ‚liken‘ z.B. müsste nach System ‚gelikt‘ heißen, doch offensichtlich überwiegt ‚geliked‘ (vgl. Link im Kommentar zu ‚gefakt‘ s.o.).

      Interessant wäre auch zu ermitteln, ob die ’nicht regulären‘ Eindeutschungen (geskyped, geliked) vorteilhaft für die Aussprache sind: im Englischen werden ‚like‘ und ’skype‘ nur aufgrund des folgenden ‚e‘ wie [laik]/[skaip] ausgesprochen; ‚gelikt‘ oder ‚geskypt‘ hingegen wäre nach englischem wie auch deutschem Lautmuster mit kurzem [i] auszusprechen.

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  4. Pingback: Update beim Duden | Multisprech

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